Joel213 hat geschrieben:Jesus und Paulus sind für mich als die "Begründer" der christlichen Religion ja grade anders was Ehe angeht!
Nun, bei Paulus gibt es eine Reihe von Leuten, die davon ausgehen, dass er Witwer war (z.B. Carsten Peter Thiede, der dies sogar ausführlich begründet). Dass bei Jesus ein Sonderfall vorgelegen haben dürfte - ich hoffe, dass wir uns darin einig sind. Einen Beleg gibt es biblisch gesehen weder dafür noch dagegen.
"Mann einer Frau" und "Gläubige Kinder", dass sind doch alles nur Erkennungszeichen und Merkmale nachdem der Ordinierer ausschauh halten soll, um die passenden Menschen zum Dienst auszuwählen.
Kannst Du das anhand des Bibeltextes begründen, oder ist dies Deine persönliche Einschätzung?
Ich denke immer noch nicht, dass man daraus sich eine Doktrin, die auch noch für alle Christen zu allen Zeiten gelten soll, generieren lässt.
Warum? Es ist ja nicht so, dass ich Dir per se widersprechen möchte - nur wüsste ich gerne, wie Du zu dieser Einschätzung kommst.
Inwieweit "Seelsorge" nach heutigem Verständnis überhaupt praktiziert wurde und was die Umwelt davon gehalten hätte, ist noch mal wieder ne ganz andere Sache.
Nun, die Frage, was die Umwelt davon gehalten hat, hat ja schon so sehr eine Rolle gespielt, dass eine der ersten schriftlichen Gattungen der frühen Kirche die Apologie ist, die sich mit den Vorwürfen, die den Christen gemacht werden, auseinandersetzt.
Christen wurden zudem ja eh als Kanibalen und Staatsfeinde verleugnet, also dann käme es auf "Hurer" ja auch nicht mehr an.
Da vergalloppierst Du Dich jetzt gewaltig. Gerade um die Abwehr falscher Vorwürfe ging es Justin in seiner
ersten und
zweiten Apologie oder Aristide
http://www.glaubensstimme.de/doku.php?i ... e-apologie.
Das Christentum war ja auch Gesellschaftsverändernd und räumt den Frauen auch eine stärkere Rolle zu, als dass in der sonstigen antiken Umwelt Gang und Gäbe war. Ferner spricht weiter dafür, dass das entwickelte Mönchtum im 3-4 Jahrhundert eher für die Ehelosigkeitthese spricht und sie nicht Gesellschaftsmissbiligend war.
Das ist für mein Empfinden zu kurz gedacht. Denn das Mönchtum des 3. - 4. Jahrhunderts hatte eine andere Basis als das Christentum des Paulus. Zum Einen war das Christentum nicht länger eine verfolgte Minderheitsreligion, sondern die Staatskirche - mit allen damit verbundenen Vor- und Nachteilen.
Zum zweiten bedeutete das Mönchtum dieser Zeit noch nicht zwingend ein Zölibat - das kam erst später hinzu - und auch kein lebenslanges Mönchtum. In der Anfangszeit waren es Einzelne, die sich für eine Zeit in die Wüste zurückzogen - Männer und Frauen, Verheiratete und Unverheiratete.
Zum dritten schlug in dieser Zeit ein alter Feind des Christentums zurück, nämlich die Gnosis mit ihrer Körperfeindlichkeit. Leider ist dieser Irrglaube damals in christlichen Kreisen vor allem in Afrika weit verbreitet gewesen, damit auch die Geringschätzung der Frau, die Ablehnung der Ehe und das Verständnis der Ehelosigkeit als höherer Status des Gläubigen.
In der Kirche hat sich dieses Verständnis übrigens nicht wirklich durchgesetzt: Grund für die Einführung des Zwangszölibats in der römischen Kirche war ja keine theologische, sondern eine finanzielle Frage: Wie bleibt das Geld der Pastoren nach deren Tod bei der Kirche, statt bei den Erben?
Vielleicht kannst du neben deiner Interpretation der Umwelt NT mal einen Kirchenvater, Reformator oder sonstigen Kommentatoren benennen, der deine These stichhaltig unterstützt. Thx.
Nun, bei den Reformatoren hat Joschie ja schon dankenswerterweise auf Luther verwiesen. Bei den Reformatoren würde ich auch noch
Andreas Althamer,
Johannes Brenz, Philipp Melanchthon: "
Das Euangelium leret / man sol den Ehestand kainem menschen / der darz von natur tüchtig / verbieten / und nennet das verbot Teüfels lere / Darzu preyset es den Ehstand / das er bey den rechtgläubigen Keüschait und rainigkait sey / Gott gefellig / und gebeüt allen personen / sy haissen Priester oder andere ehlich zuwerden / welchen solches von nöten 1. Cor. 7. Paulus redet auch deütlich von ehlichen Priestern Titum 1. " (
Melanchthon, Philipp - Die fürnemisten unterschaid / zwischen rayner Christlicher Lere des Evangelii und der Abgöttischen Papistischen Lere und Zwingli.
Darüber hinaus sollte man sich die Frage stellen, warum alle reformierten Kirchen - seien es Täufer, Lutheraner, Reformierte, Anglikaner, Straßburger, Waldenser, Böhmische Brüder und wie sie alle heißen mögen - als eine der ersten antigöttlichen Lehren den Zölibat abschaffen.
Gruß & Segen,
Andreas