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Emerging Church, das Tausendjährige Reich und reformierte Theologie

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Eine Stellungnahme von Hans-Werner Deppe

In letzter Zeit häufen sich öffentliche falsche Darstellungen der lehrmäßigen Ausrichtung des Betanien Verlags. Hier möchten wir eine kurze Richtigstellung dazu abgeben. Z.B. auf der eigentlich bibeltreuen KFG-Tagung in Groß-Dölln Mitte April 2013 wurde von Dr. Wolfgang Nestvogel in einem (auch auf CD verbreiteten) Vortrag behauptet, die Endzeit-Sicht und Publikationen des Betanien-Verlages würden dem Gedankengut der Emerging Church „den roten Teppich auslegen“. Dies möchten wir richtigstellen, denn eine Aussage könnte wohl kaum weiter von der Wahrheit entfernt sein. Im Gegenteil: Mit unserem Literatur- und Materialangebot setzen wir uns bekanntermaßen sehr gegen die Verbreitung „emergenter“ Auffassungen ein!

Ansatz des erwähnten irrigen Gedankens war wohl folgender: Die emergente Bewegung einerseits strebt nach der Aufrichtung eines irdischen Reiches Gottes; der Amillennialismus andererseits (die reformatorische Endzeit-Position des Betanien Verlags) versteht die „tausend Jahre“ in Offenbarung 20 symbolisch auf die Jetztzeit bezogen. Diese beiden Positionen haben jedoch überhaupt nichts miteinander zu tun.

Zunächst wichtig für das Bibelverständnis: Der Abschnitt in Offenbarung 20, wo von „tausend Jahren“ die Rede ist, steht in keinem Zusammenhang mit der künftigen neuen Schöpfung, die auch als „messianisches Friedensreich“ bezeichnet wird, wie z.B. Jes 11 („der Wolf wird beim Lamm lagern“ etc.) Mit den Regeln gesunder Schriftauslegung sind diese beiden Dinge – die nur in Offb 20 erwähnten tausend Jahre und das messianische, unseres Erachtens ewige Reich – nur schwer zu verbinden. Dennoch existiert im Denken vieler Christen eine ganz starre Verbindung und sogar Gleichsetzung dieser beiden Dinge. Wir bitten, dies einmal zu überprüfen und zu hinterfragen. Schließlich ist das von den alttestamentlichen Propheten verheißene Friedensreich ein ewiges Reich (Jes 34,17; 45,17; 60,21; Jer 31,40 u.v.a.).

Der Amillennialismus legt Jesu Aussage, dass sein Reich nicht von dieser Welt ist (Joh 18,36), am konsequentesten aus. Wir meinen, dass Jesu Reich weder jetzt noch in Zukunft ein diesseitiges, zeitliches, politisches Reich auf dieser Erde sein wird. Für eine ausführliche Erklärung dieser Sicht fehlt hier natürlich der Platz. Nehmen wir hier nur einmal 2. Petrus 3,11-16: Christen leben in der Erwartung der Wiederkunft Jesu, bei der die „Elemente in Brand aufgelöst werden“, danach wird es „neue Himmel und eine neue Erde“ geben. Bis dahin sollen wir in geistlicher Gesinnung der Nachfolge Jesu leben. Diese Schriftstelle charakterisiert sowohl die Zeit vor als auch die Zeit nach der Wiederkunft Jesu so klar, dass eigentlich alle millennialistischen (auch dispensationalistischen), postmillennialistischen und emergenten Sichtweisen ausgeschlossen sind: Die Bibel kennt nur zwei Zeitalter, das jetzige und das zukünftige, wobei das jetzige Zeitalter unverbesserlich böse und gerichtsreif ist. Näheres hierzu erklärt das Buch „Endzeit? Eigentlich ganz einfach!“ von Samuel Waldron, das so Gott will in wenigen Monaten beim Betanien Verlag erscheinen wird. Wir stellen die Kapitel 4-6 über das biblische Modell der zwei Zeitalter vorab HIER als PDF zur Verfügung.

Auf der oben erwähnten KFG-Tagung wurde in diesem Zusammenhang auch das 2007 von uns herausgegebene Buch „Zukunft. Hoffnung. Bibel“ von Roland Hardmeier als Beispiel für den angeblich schlechten emergenten Einfluss des Betanien Verlags erwähnt. Ehrlicherweise hätte man hier darauf hinweisen müssen, dass wir dieses Buch vor einiger Zeit aus unserem Angebot genommen haben, da der Autor inzwischen ein bedeutender Vertreter der sozial geprägten „missionalen“ Theologie ist (siehe unsere Erklärung in unserem Shop HIER). Diese Auffassung des Autors kommt in dem Buch jedoch nicht zum Tragen, mit der kleinen Ausnahme, dass der Autor an wenigen Stellen eine Kontinuität zwischen (womöglich verbessertem) jetzigen und dem zukünftigen Zeitalter sieht. Dies lehnen wir ab – allerdings ist es für jeden bibeltreuen Verlag schwierig, ausschließlich solche Werke zu veröffentlichen, bei denen sie jeden einzelnen Satz voll bejahen können. So eng gefasst ist unser Umgang mit anderen Auffassungen jedenfalls nicht. Die jetzige Verbindung des Autors zur Transformations-Theologie war jedoch Grund genug, das Buch aus unserem Angebot zu nehmen.

Im Nachfolgenden habe ich als Hilfe zur Orientierung eine „Skala“ aufgestellt, die angibt, wie sehr oder wie wenig die verschiedenen Endzeit-Sichtweisen von einer diesseitigen Orientierung geprägt sind.

Skala (aufsteigende Reihenfolge) der irdischen (diesseitigen) Orientierung von Endzeit-Sichtweisen:

„Stufe 0“: Amillennialismus:
• Vor der Wiederkunft Jesu: geistliches Reich (himmlisch, Jesus auf dem himmlischen Thron, „inaugurierte“ d.h. geistlich vorerfüllte Form des Reiches)
• Nach der Wiederkunft Jesu: ewiges geistliches Reich (neue Schöpfung, materielle Erfüllung)

„Stufe 1“: historischer Millennialismus:
• Vor der Wiederkunft Jesu: geistliches Reich (himmlisch)
• Nach der Wiederkunft Jesu: zunächst irdisches Reich, dann neue Schöpfung

„Stufe 2“: Dispensationalismus:
• Vor der Wiederkunft Jesu: geistliches Reich (himmlisch). Extreme Form: kein Königtum Jesu
• 7 Jahre Zwischenphase: Wiederaufrichtung einer diesseitig-alttestamentlichen Ordnung für Israel
• Nach der Wiederkunft Jesu: zeitliches, diesseitiges, politisches Reich (Israel als führender Nationalstaat)

„Stufe 3“: Postmillennialismus: (u.a. im Katholizismus)
• Vor der Wiederkunft Jesu: zeitliches, diesseitiges, politisches Reich (verschiedene Auffassungen, ob durch Jesus vom Himmel aus oder von Menschen regiert -> Rekonstruktionismus)
• Nach der Wiederkunft Jesu: ewiges geistliches Reich (neue Schöpfung)

„Stufe 4“: Emergente Bewegung
• Vor der Wiederkunft Jesu: diesseitiges, politisches Reich durch soziale Transformation
• Nach der Wiederkunft Jesu: generell kein klarer Bruch, wenig Orientierung auf diese Hoffnung, Kontinuität zum vorhergehenden irdischen Reich, „Jetzt“ und „Dann“ sind verschmolzen in der Vorstellung von „Gottes neuer Welt“

6 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Ich lese oft von Jesaja 11 „Der Löwe liegt beim Lamm“.
    Habe aber noch keine Übersetzung gefunden wo das steht.
    Es steht immer „Der Wolf liegt beim Lamm“.
    Wo kommt das mit dem Löwen her?

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  2. Beim Auslegen der Offenbarung sollte man folgenden Grundsatz beherzigen: Alles was in der buchstäblichen Auslegung einen Sinn ergibt, muss auch buchstäblich verstanden werden. Manche vertrauen der Bibel nur soweit, wie es das rationale Vorstellungsvermögen zulässt. Das führt dann dazu, dass man fast alles als symbolisch interpretiert. Es ist jedoch nur eine Frage der Zeit, bis es sich als falsch herausstellen wird.

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  3. Bitte Themen immer nach dem dringenden Aufruf des Apostels in 2. Petr.1.20+21 lesen in dem KEINE Weissagung der Schrift Sache eigener Auslegung ist ! ! ! ! ! ! ! ! ! !
    D.h. ein “ ich meine“, „Wir denken“ oder gar „interpretieren“ ist falsch und unbiblisch! – dadurch kommen Streitigkeiten, Spaltungen bis hin zu Schiffbrüchen im Glauben und Zerstörung von Gemeinden.
    bitte obigen Satz so lange lesen bis er in der Tiefe und Breite und Höhe drin ist.

    „Dies wisst aber zufor!“

    biblisch ist: A L L E Stellen zu einem wichtigen Thema bemühen, um genug Puzzleteile für eine klare Sicht zu erhalten, DANN, erst dann gibt es ein klares Bild und ggf. augenscheinliche Widersprüche – denn die Schrift kann sich unmöglich widersprechen – sind beseitigt.
    Wenn nicht, die Lehre überdenken oder erst mal zum Thema SCHWEIGEN in Demut und Gebet.

    Mit beten Wünschen zu seiner Ehre nicht unserer

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  4. Sie schreiben die Emerging Church strebe nach der Vorstellung der Aufrichtung eines irdischen Reich Gottes. Ich bin ziemlich überzeugt, dass wird hier völlig falsch verstanden. Ich befasste mich mit emerging churches. Der Grundgedanke ist nicht, wir richten hier ein irdisches Paradies auf, der Grundgedanke ist, dass die Kirche sich als missionarisches Werkzeug in die Gesellschaft begibt, innerhalb der Gesellschaft Gemeindestrukturen baut, die es erlauben die postmodernen Menschen mit dem Evangelium zu gewinnen, indem das Evangelium gelebt wird. Gemeindebau wird nicht betrieben nach der alten Strategie: Believe behave belong sondern man führt Menschen in die Gemeinschaft, lebt mit ihnen wie Jesus gelebt hat mit den Jüngern und dreht den Spiess um: Belong, behave believe. Denn unsere heutige Vorstellungen von Sonntags-Gottesdiensten und gesalbten Gebäuden sind ebenfalls kein neutestamentliches Konzept. Kirchengebäude wurden erst nach der konstantinischen Wende gebaut. Ermerging heisst, in die Gesellschaft eintauche, dort Gemeinde leben und Seelen gewinnen. Diese Ekklsiologie hat nichts mit der Echatologie zu tun. Die meisten Emerging Churches sehen ihren Auftrag in der Gesellschaft Gemeindegefässe zu bauen, das heisst aber keinesfalls, dass die ganze Gesellschaft sich retten lässt. Die Endzeitfragen sind beim Emerging-Church Ansatz absolut irrelevant. Wir bauen, wir verkündigen, wir leben Jüngerschaft solange es Tag ist in einer Kirchenfeindlichen Landschaft, so habe ich das verstanden. Die Echatologie nimmt keinen grossen Raum dort ein. Jesus kommt zurück, wie ein Dieb in der Nacht. Auch ist die Emerging Church Bewegung keine einheitliche theologisch genau durchdachte Bewegung. Es geht um den Missionsauftrag und sonst nichts. Der Gedanke hinter Emerging Church ist: Neue Gemeinden für eine Neue Ernte. Bzw wir bauen Jüngerschaftsstruktur in einen gesellschaftlichen Kontext hinein.
    So dass die Gesellschaft mit lebendigen Zellen durchdrungen wird. Aber Emerging Church erhebt keinen Anspruch, irgend was irdisches Aufzubauen. Wir müssen das Wort Gottes verstehen. Das Reich Gottes ist angebrochen. Es ist und kommt. Es ist überall da, wo die Menschen sich retten lassen und den Willen Jesu tun auf Erden – dort hat das Reich Gottes angefangen. Dem wollt Ihr doch nicht widersprechen? Es gibt einen zukünftigen Aspekt des Reiches Gottes, das ist wenn Jesus wiederkommt. Aber sein Reich breitet sich aus seit Pfingsten in jedem Neubekehrten. Sein Reich ist da, wo sein Wille geschieht.
    Diese Echatologie, wo das Reich Gottes erst kommt, wenn Jesus zurückkehrt widerspricht dem Zeugnis des NT. Denn Jesus sagt, das Reich Gottes ist nahe herbei gekommen. Vielleicht sollte Betanien sich etwas genauer mit gewissen Bewegungen auseinandersetzen und den eigenen Filter: Kanzelpredigt und Versammlung auf den Prüfstand stellen. Diese Form des Gemeindebaus ist von Luther, abgekupfert aus dem Hörsaal von Universitäten. Das hat sehr wenig mit den ersten Gemeinden zu tun, die sich in den Häusern versammelten.

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