Verfasst: 10.10.2010 21:16
Fortsetzung:
James I. Packer, Prädestination und Verantwortung, Gott und Mensch in der Verkündigung, Brockhaus Verlag, 2. Aufl. 2000:
„Die spezielle Antinomie, die uns hier beschäftigen soll, ist der scheinbare Gegensatz von göttlicher und menschlicher Verantwortung, oder – biblischer ausgedrückt – von dem, was Gott als König und dem, was er als Richter tut. Die Schrift sagt, dass er als König alle Dinge, auch das menschliche Handeln, nach seinem ewigen Ratschluss bestimmt und lenkt. Ebenso lesen wir in der Schrift, dass er als Richter jeden Menschen zur Verantwortung zieht für seine Handlungsweise und die von ihm getroffenen Entscheidungen. So ist also der Hörer der Botschaft für seine Reaktion verantwortlich; lehnt er die frohe Botschaft ab, macht er sich des Unglaubens schuldig. „Wer nicht glaubt, der ist schon gerichtet; hat er doch nicht geglaubt …“ Andererseits ist Paulus für die Verkündigung des Evangeliums, das ihm anvertraut wurde, verantwortlich; führt er seinen Auftrag nicht durch, macht er sich der Treulosigkeit schuldig. „Ich muss es tun, und wehe mir, wenn ich es nicht täte!“ Die Bibel lehrt uns Gottes Souveränität und die Verantwortung des Menschen nebeneinander, oft sogar in ein und derselben Textstelle. Beides ist uns also durch die gleiche göttliche Autorität verbürgt, und daher ist beides wahr. Daraus folgt, dass beide Phänomene aufrechterhalten werden müssen und nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen. Der Mensch ist ein für sein Handeln sittlich Verantwortlicher, während er auch göttlich geführt wird; er wird von Gott geführt, während er auch in eigener sittlicher Verantwortung handelt.“ (S. 15 / 16)
„Für unser begrenztes Denkvermögen ist dies natürlich etwas Unerklärliches. Es hört sich wie ein Widerspruch an, den wir in unserer ersten Reaktion für absurd und bedauerlich halten. Paulus geht darauf im Römerbrief ein: „Nun wirst du einwenden: Wie kann er (Gott) uns dann noch einen Vorwurf machen? Kann sich ja doch niemand Gottes Willen widersetzen!“ (Röm. 9, 19) Wenn Gott als unser Herr unser ganzes Handeln bestimmt, wie kann er dann gerechterweise auch als unser Richter auftreten und unsere Fehler verurteilen? Achten wir aber auf die Antwort des Paulus: Er versucht nicht, die Richtigkeit des Handelns Gottes darzulegen, sondern tadelt die Geisteshaltung, aus der die Frage entspringt. „O Mensch, wer bist du denn, dass du mit Gott rechten willst?“ Der Aufsässige soll begreifen, dass er als Geschöpf und als Sünder überhaupt kein Recht hat, die offenbarten Wege Gottes zu missbilligen. Das Geschöpf ist nicht berechtigt, Anklagen gegen seinen Schöpfer zu erheben. Weiter sagt Paulus: Die Souveränität Gottes besteht zu vollem Recht, denn er besitzt das absolute Verfügungsrecht über sein Geschöpf. Zu Beginn des Römerbriefes hat Paulus bereits gezeigt, dass auch Gottes Gericht über die Sünder durchaus zu Recht besteht, da wir für unsere Sünden sein Urteil in reichem Maße verdient haben. Unsererseits, will er uns sagen, haben wir diese Tatsachen anzuerkennen und Gottes Handeln als König wie als Richter anzubeten und nicht darüber nachzusinnen, wie die Gott zustehende Souveränität und sein göttliches Richteramt in Übereinstimmung zu bringen sind, oder gar zu bezweifeln, dass eines von beiden zu Recht besteht, nur weil uns das Problem ihrer Beziehung zueinander zu schwer ist!
Unsere menschlichen Überlegungen sind nicht der Maßstab für unseren Gott. Er als Schöpfer hat uns wissen lassen, dass er sowohl ein souveräner Herr als auch ein gerechter Richter ist. Sollte uns das nicht genügen? Warum wollen wir ihn nicht bei seinem Wort nehmen? Können wir seinen Aussagen nicht trauen?“ (S. 16 / 17)
http://www.glaubensstimme.de/doku.php?i ... kapitel_09
Calvin zu Römer 9, 22:
„V. 22. Derhalben usw. Eine zweite Antwort, welche in Kürze zeigt, dass Gottes Rat in diesem Stück zwar unbegreiflich ist, dass aber doch seine Gerechtigkeit nicht minder untadelig sich zeigt, wenn sie den Verworfenen das Verderben, als wenn sie den Auserwählten die Seligkeit bereitet. Allerdings will und kann der Apostel auch hier nicht erklären, warum die einen verworfen, die andern aber erwählt werden. Denn es wäre nicht recht gewesen, den Inhalt des geheimen Ratschlusses Gottes menschlichem Urteil zu unterstellen, und das Geheimnis hätte doch unenthüllt bleiben müssen. Paulus zügelt also unsere Neugier, damit sie nicht durchforsche, was doch alles Denken übersteigt, und zeigt doch zugleich, dass Gottes Erwählungsratschluss, soweit er uns überhaupt enthüllt ward, als vollkommen gerecht erscheinen muss. Der Satz „Wenn nun aber Gott … mit großer Geduld getragen hat“ usw., fordert die Ergänzung: wer wagt es dann noch, ihm deshalb Ungerechtigkeit vorzuwerfen? Der Gedanke ist nämlich der: diese Gefäße sind zum Verderben bereitet, d. h. dem Verderben geweiht und dafür bestimmt; es sind also Gefäße des Zornes, d. h. sie sind geschaffen und gebildet, um als Beweisstücke der göttlichen Strafe und des göttlichen Zornes zu dienen. Wenn sie nun Gott eine Zeitlang geduldig trägt und sie nicht im nächsten Augenblick zerschlägt, sondern das ihnen zugedachte Gericht aufschiebt -, und wenn er dies tut, einerseits um den Übrigen ein erschreckendes und darum heilsames Beispiel seines strengen Gerichts zu geben, andererseits um seine Macht zu zeigen, welcher die Kreaturen auf allerlei Weise dienen müssen, namentlich aber um den Reichtum seines Erbarmens über die Auserwählten desto sichtlicher und heller leuchten zu lassen -, was soll dann in solcher Anordnung des Tadels wert sein? Freilich verschweigt der Apostel, woher es kommt, dass es zum Verderben bereitete Gefäße gibt. Aber das ist begreiflich. Er kann nach seinen vorherigen Darlegungen voraussetzen, dass man den Grund in dem ewigen und unentwirrbaren Ratschluss Gotte suche. Und es ziemt sich, Gottes Gerechtigkeit lieber anzubeten, als sie durchschauen zu wollen. „Gefäße“ aber schreibt der Apostel im Sinne von „Werkzeuge“. Denn alle Bewegung aller Kreatur ist wie ein Mittel und Werkzeug göttlicher Kraft. Mit gutem Grunde heißen danach wir Gläubigen (V. 23) Gefäße der Barmherzigkeit, denn wir sind Gottes Werkzeuge zur Offenbarung seiner Barmherzigkeit, die Verworfenen aber Gefäße des Zorns; denn sie dienen dazu, dass man Gottes Gerichte schaue.“
Lutz
James I. Packer, Prädestination und Verantwortung, Gott und Mensch in der Verkündigung, Brockhaus Verlag, 2. Aufl. 2000:
„Die spezielle Antinomie, die uns hier beschäftigen soll, ist der scheinbare Gegensatz von göttlicher und menschlicher Verantwortung, oder – biblischer ausgedrückt – von dem, was Gott als König und dem, was er als Richter tut. Die Schrift sagt, dass er als König alle Dinge, auch das menschliche Handeln, nach seinem ewigen Ratschluss bestimmt und lenkt. Ebenso lesen wir in der Schrift, dass er als Richter jeden Menschen zur Verantwortung zieht für seine Handlungsweise und die von ihm getroffenen Entscheidungen. So ist also der Hörer der Botschaft für seine Reaktion verantwortlich; lehnt er die frohe Botschaft ab, macht er sich des Unglaubens schuldig. „Wer nicht glaubt, der ist schon gerichtet; hat er doch nicht geglaubt …“ Andererseits ist Paulus für die Verkündigung des Evangeliums, das ihm anvertraut wurde, verantwortlich; führt er seinen Auftrag nicht durch, macht er sich der Treulosigkeit schuldig. „Ich muss es tun, und wehe mir, wenn ich es nicht täte!“ Die Bibel lehrt uns Gottes Souveränität und die Verantwortung des Menschen nebeneinander, oft sogar in ein und derselben Textstelle. Beides ist uns also durch die gleiche göttliche Autorität verbürgt, und daher ist beides wahr. Daraus folgt, dass beide Phänomene aufrechterhalten werden müssen und nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen. Der Mensch ist ein für sein Handeln sittlich Verantwortlicher, während er auch göttlich geführt wird; er wird von Gott geführt, während er auch in eigener sittlicher Verantwortung handelt.“ (S. 15 / 16)
„Für unser begrenztes Denkvermögen ist dies natürlich etwas Unerklärliches. Es hört sich wie ein Widerspruch an, den wir in unserer ersten Reaktion für absurd und bedauerlich halten. Paulus geht darauf im Römerbrief ein: „Nun wirst du einwenden: Wie kann er (Gott) uns dann noch einen Vorwurf machen? Kann sich ja doch niemand Gottes Willen widersetzen!“ (Röm. 9, 19) Wenn Gott als unser Herr unser ganzes Handeln bestimmt, wie kann er dann gerechterweise auch als unser Richter auftreten und unsere Fehler verurteilen? Achten wir aber auf die Antwort des Paulus: Er versucht nicht, die Richtigkeit des Handelns Gottes darzulegen, sondern tadelt die Geisteshaltung, aus der die Frage entspringt. „O Mensch, wer bist du denn, dass du mit Gott rechten willst?“ Der Aufsässige soll begreifen, dass er als Geschöpf und als Sünder überhaupt kein Recht hat, die offenbarten Wege Gottes zu missbilligen. Das Geschöpf ist nicht berechtigt, Anklagen gegen seinen Schöpfer zu erheben. Weiter sagt Paulus: Die Souveränität Gottes besteht zu vollem Recht, denn er besitzt das absolute Verfügungsrecht über sein Geschöpf. Zu Beginn des Römerbriefes hat Paulus bereits gezeigt, dass auch Gottes Gericht über die Sünder durchaus zu Recht besteht, da wir für unsere Sünden sein Urteil in reichem Maße verdient haben. Unsererseits, will er uns sagen, haben wir diese Tatsachen anzuerkennen und Gottes Handeln als König wie als Richter anzubeten und nicht darüber nachzusinnen, wie die Gott zustehende Souveränität und sein göttliches Richteramt in Übereinstimmung zu bringen sind, oder gar zu bezweifeln, dass eines von beiden zu Recht besteht, nur weil uns das Problem ihrer Beziehung zueinander zu schwer ist!
Unsere menschlichen Überlegungen sind nicht der Maßstab für unseren Gott. Er als Schöpfer hat uns wissen lassen, dass er sowohl ein souveräner Herr als auch ein gerechter Richter ist. Sollte uns das nicht genügen? Warum wollen wir ihn nicht bei seinem Wort nehmen? Können wir seinen Aussagen nicht trauen?“ (S. 16 / 17)
http://www.glaubensstimme.de/doku.php?i ... kapitel_09
Calvin zu Römer 9, 22:
„V. 22. Derhalben usw. Eine zweite Antwort, welche in Kürze zeigt, dass Gottes Rat in diesem Stück zwar unbegreiflich ist, dass aber doch seine Gerechtigkeit nicht minder untadelig sich zeigt, wenn sie den Verworfenen das Verderben, als wenn sie den Auserwählten die Seligkeit bereitet. Allerdings will und kann der Apostel auch hier nicht erklären, warum die einen verworfen, die andern aber erwählt werden. Denn es wäre nicht recht gewesen, den Inhalt des geheimen Ratschlusses Gottes menschlichem Urteil zu unterstellen, und das Geheimnis hätte doch unenthüllt bleiben müssen. Paulus zügelt also unsere Neugier, damit sie nicht durchforsche, was doch alles Denken übersteigt, und zeigt doch zugleich, dass Gottes Erwählungsratschluss, soweit er uns überhaupt enthüllt ward, als vollkommen gerecht erscheinen muss. Der Satz „Wenn nun aber Gott … mit großer Geduld getragen hat“ usw., fordert die Ergänzung: wer wagt es dann noch, ihm deshalb Ungerechtigkeit vorzuwerfen? Der Gedanke ist nämlich der: diese Gefäße sind zum Verderben bereitet, d. h. dem Verderben geweiht und dafür bestimmt; es sind also Gefäße des Zornes, d. h. sie sind geschaffen und gebildet, um als Beweisstücke der göttlichen Strafe und des göttlichen Zornes zu dienen. Wenn sie nun Gott eine Zeitlang geduldig trägt und sie nicht im nächsten Augenblick zerschlägt, sondern das ihnen zugedachte Gericht aufschiebt -, und wenn er dies tut, einerseits um den Übrigen ein erschreckendes und darum heilsames Beispiel seines strengen Gerichts zu geben, andererseits um seine Macht zu zeigen, welcher die Kreaturen auf allerlei Weise dienen müssen, namentlich aber um den Reichtum seines Erbarmens über die Auserwählten desto sichtlicher und heller leuchten zu lassen -, was soll dann in solcher Anordnung des Tadels wert sein? Freilich verschweigt der Apostel, woher es kommt, dass es zum Verderben bereitete Gefäße gibt. Aber das ist begreiflich. Er kann nach seinen vorherigen Darlegungen voraussetzen, dass man den Grund in dem ewigen und unentwirrbaren Ratschluss Gotte suche. Und es ziemt sich, Gottes Gerechtigkeit lieber anzubeten, als sie durchschauen zu wollen. „Gefäße“ aber schreibt der Apostel im Sinne von „Werkzeuge“. Denn alle Bewegung aller Kreatur ist wie ein Mittel und Werkzeug göttlicher Kraft. Mit gutem Grunde heißen danach wir Gläubigen (V. 23) Gefäße der Barmherzigkeit, denn wir sind Gottes Werkzeuge zur Offenbarung seiner Barmherzigkeit, die Verworfenen aber Gefäße des Zorns; denn sie dienen dazu, dass man Gottes Gerichte schaue.“
Lutz